Carl Perkins im Gespräch über Elvis von Andreas Warmuth

 

Memories, pressed between the pages of my mind....

Das ist ja alles schön und gut. Aber was nutzen die Erinnerungen, wenn sie zwischen den Seiten des Gedächtnisses eingeschlossen sind? Den Fans sicherlich nichts.

 

Der Sender WHBQ, der vielen Fans durch die Arbeit von George Klein sicher ein Begriff ist, sah das ähnlich. Man beschloss also, eine Mini-Serie zu produzieren, in der Margie Thatcher in jeder Folge eine Person aus Elvis' Umfeld interviewen sollte. Margie Thatcher war dazu sofort bereit. Sie war selbst schon langjährige Elvis-Anhängerin und hatte dadurch genug Sachverstand, um den richtigen Leuten die richtigen Fragen stellen zu können.

Das Ergebnis dieser Gesprächsreihe war eine Aneinanderkettung von sachlichen Erzählungen, gemischt mit lustigen Anekdoten über Elvis. Die Interviews wurden Ende der 70er Jahre aufgezeichnet, zu einer Zeit, als die Geschichten um Elvis noch wahrheitsgemäß erzählt wurden und nicht so, wie die Fans sie am liebsten hören sollte.

 

Carl Perkins, der gerade in den frühen Jahren Elvis' Karriere verfolgen konnte, wie nur wenige andere, eröffnet die Interviewreihe:

 

Margie: Carl, war Elvis als Künstler schon damals anders oder war er einfach einer der Jungs?

 

Carl: Er war beides. Er war von Anfang an immer einer von uns, aber wir merkten auch, dass er etwas besonderes war. Er kam 1954 zu SUN-Records und ich 1955. Und zu dieser Zeit hatten Elvis und ich den selben Manager. Nämlich Bob Neal. Wir arbeiteten für gewöhnlich auf den Ladeflächen von Lastwagen unten in Mariana/Arkansas, traten auf kleinen Jahrmärkten auf. Ich erinner mich daran, dass Elvis bereits damals so voller Lebensfreude und Energie steckte. Er war ein spaßiger Kerl. Es war nichts besonderes, wenn er dir mit einer Wasserpistole in den Kragen schoss.

 

Margie: Scherze auszuhecken war seine Stärke?

 

Carl: Das stimmt unbedingt. Bereits damals in 1955, als die Welt noch längst nicht wusste, wer Elvis Presley war, war er ein Junge, der das Vergnügen liebte. Er war nicht überheblich. Er war nervös vor jeder Show. Und er bewegte sich dementsprechend.

 

Margie: Machte er seine Bewegungen wirklich von Anfang an, Carl?

 

Carl: Ja, das tat er. Bob Neal hat mir damals eine Geschichte erzählt. Er sagte, dass eine er ersten Shows, die Elvis in Memphis gab, im "Overton Shell Park" stattfand. Er hatte ihn damals mit einigen Country-Stars wie Hank Snow dort gebucht. Zum damaligen Zeitpunkt bestand die Band noch aus Elvis, Scotty und Bill. D.J. Fontana, der Schlagzeuger, war noch nicht dabei. Bob erzhählte mir also, dass Evlis so nervös war, dass seine Beine ständig hin und her zappelten. Und Elvis dachte bei sich: "O Gott, jetzt sehen alle, dass ich Angst habe und nervös bin." Und als die Beine nicht aufhören wollten zu zappeln, da dachte er: "O.k., wenn das Publikum schon sieht, dass ich Angst habe, dann sollen es alle auch richtig sehen." Und in diesem Augenblick schoss sein rechtes Bein nach vorne, und alle Zuschauer fingen an zu schreien. Er schaute um sich, um zu sehen, was passiert war. Erst mit der Zeit merkte er, dass die Leute wegen seiner eigenen Bewegungen so außer sich waren. Und von da an setzte er es gezielt ein.

 

Margie: Musstest du jemals nach Elvis auf die Bühne?

 

Carl: Nein.

 

Margie: Und darüber bist du sicher glücklich, oder?

 

Carl: Nein, sieh mal. Nur durch Elvis sind Leute wie ich, Charlie Rich, Jerry Lee Lewis und Johnny Cash und all die anderen Jungs, Roy Orbison, und alle die hier im SUN-Studio in Memphis angefangen haben,.... wir alle wussten immer, das es Elvis war, der die Tür für uns augestoßen hatte... für uns alle. Er war der erste, der diese Art von Musik überhaupt aufgenommen hatte. Und wohin immer ich gehe auf dieser Welt, will ich die Leute darüber aufklären, dass es die anderen Jungs ohne ihn wahrscheinlich nie gegeben hätte. Ich weiß aus Gesprächen mit ihm, dass wir überall versuchten, unsere Musik aufzunehmen. Aber Sam Phillips hier in Memphis erkannte das Verkaufspotential eines Elvis Presley. Seine magische Ausstrahlung, sein Aussehen, diese spezielle Qualität, die dieser Junge hatte. Er hatte die Fähigkeit, die Songs des weißen Mannes mit dem geistlichen Gefühl des schwarzen Mannes zu singen.

 

Margie: Genau das war es. Sag' mal, was genau bezeichnet man als "Rockabilly"?

 

Carl: Nun, sie hatten eine Menge Bezeichnungen für uns am Anfang. "Rockabillies" war ein Ausdruck, den wir alle akzeptierten. Aber das war es wirklich, Marge. Erinnere dich daran, dass die erste Platte, die Elvis aufgenommen hatte, ein alter Country Bill Monroe-Song war. Er hieß "Blue Moon Of Kentucky" (Carl beginnt dann "Blue Moon Of Kentucky" zu singen, wobei er fließend in den Song "Down By The Riverside" übergeht). Siehst du, Marge? Das ist genau derselbe Stil.

 

Margie: Gospel!

 

Carl: Das ist richtig. Es war die Südstaaten-Gospelmusik, die er immr schon geliebt hatte. Und das brachte er in seine Musik mit ein. Ich habe nie Elvis Presleys Stil kopiert. Ich wuchs auf in den Baumwollfeldern von Lake-Country und diese Musik wirkte auf mich ein. Ich sprach mit Jerry Lee Lewis darüber, und auch ihm ging es so. Auch Charlie Rich... einfach jedem von uns. Jeder von uns war davon beeinflusst worden. Aber es brauchte einen Elvis Presley, um...

 

Margie: He Was The One! Er war derjenige, der die Sache vorantrieb.

 

Carl: Ja, das stimmt.

 

Margie: Hast du ihn im Laufe der Jahre sehr oft gesehen?

 

Carl: Nicht so oft, wie ich es gerne gehabt hätte. Während all den Jahren... und das verdanke ich ihm... weil meine Aufnahme von "Blue Suede Shoes"...

Es war der 1. Januar 1956 bei SUN-Records hier in Memphis. Zu dieser Zeit war Elvis noch in keiner landesweiten Fernsehshow aufgetreten. Ich war am 22. März auf dem Weg zu einem Auftritt in der Perry Como-Show. Wir hatten dabei einen sehr schweren Autounfall oben in Delaware. Mein Bruder starb dabei, und ich wurde schwer verletzt. Und es war, als ich deswegen im Krankenhaus lag, als ich ein Telegramm von Elvis bekam. Ich habe das heute noch zu Hause. Er schrieb: Ich glaube, wir beide wissen, wer der Bessere gewesen wäre, wenn das nicht passiert wäre. In Liebe Elvis.

 

 

Ich sah ihn dann von meinem Krankenhausbett in der Dorsey-Show in New York. Ich wurde schon von vielen Leuten gefragt, wie ich mich fühlte, als Elvis dann meinen Song "Blue Suede Shoes" sang. Und ich sage die Wahrheit, wenn ich zugebe, dass es immer eine Ehre für mich war, dass Elvis so viel von dem Lied hielt, dass er seine eigene Version davon aufnahm. O.k., vielleicht wenn er das Lied am selben Tag aufgenommen hätte wie ich und ich nicht schon 1 Million Exemplare davon verkauft hätte. Aber so hatte meine Aufnahme schon 1 Mio. Platten verkauft, evor er es aufgenommen hat. Ich sage immer, dass ich dankbar dafür bin, dass er das Lied aufgenommen hat. und es ist die Wahrheit, wenn ich sage, dass ich mir wünschte, er hätte alle Songs von mir übernommen! Er war ein so lieenswerteer Mensch und ich glaube, erst jetzt wird die Welt langsam verstehen, was sie mit ihm verloren hat.

 

Margie: Da kann ich dir etwas erzählen. Eines Nachmittags, während der Dreharbeiten zu einer Folge dieser Sendung, waren wir draußen in Graceland. Und zum ersten Mal in meinem Leben stand ich dort für 2,5 Stunden. Mit all den Videokameras. Und ich sprach mit den Menschen, die davor standen, und die zu dieser Zeit noch nicht einmal hoch zu dem Grab gehen konnten. Sie kamen aus fremden Ländern. 17 Staaten kamen zusammen, als ich die Leute fragte, woher sie kommen. Kannst du das glauben?

 

Carl: Oh ja!

 

Margie: Geschäftsleute in feinen Anzügen. Es ist einfach ein kulturelles Phänomen. Da gibt es keinen Zweifel.

 

Carl: Marge, ich arbeite eine Menge in England und Europa. Und weißt du... Elvis ist dort nie aufgetreten. Und trotzdem lieben sie ihn so sehr. Ich habe ihnen so viele Fragen beantworten müssen über ihn.

 

Margie: Das glaube ich. Du hast ja mit ihm gearbeitet. Du hast mit ihm angefangen. Mit SUN-Records und all den Sachen.

 

Carl: Es ist ein Phänomen. All die Jugendlichen dort lieben ihn und sie wünschen sich, dass er zumindest einmal einen Fuß in ihr Land gesetzt hätte. Und ich glaube, er selbst hätte es gerne getan.

 

Margie: Ja, ich hörte davon, dass er sehr gerne einmal nach Europa gegangen wäre.

 

Carl: Puh, das wäre, als wäre der Zweite Weltkrieg nochmal ausgebrochen. Ich glaube, die Leute wären.....

 

Margie: Du hast sicher Lamar Fike gestern gehört, als wir ihn interviewt haben. Er erähte, dass sie während Elvis' Militärzeit in Paris waren. Und es fiel ihnen sehr schwer, überhaupt zu laufen. So waren sie umringt. Carl, ich bedanke mich dafür, dass du dir für uns Zeit genommen hast.

 

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